New Work und Social Entrepreneurship
Die Hilfswerft besuchte eine New Work-Veranstaltung. Hier ein kleiner Erfahrungsbericht und das Annähern zwischen zwei gar nicht mal so verschiedenen Begriffen.
Die neue Arbeit
Intrinsify ist nach Eigenbeschreibung ein „Think Tank und das führende Netzwerk für die neue Arbeitswelt und moderne Unternehmensführung.“ Auch der Begriff New Work wird hierfür oft bemüht. Mit ihm verhält es sich wohl so ähnlich wie mit Social Entrepreneurship. Neben der offensichtlichen englischen Prägung eint die beiden Begriffe die Frage, was denn genau dahinter steckt.
Anknüpfungspunkte
Für Social Entrepreneurship, das Brot und Butter-Geschäft der Hilfswerft, sind wir da schon ziemlich klar: Impact (Wirkung), Innovation und Income (marktorientierte Einkommensgenerierung) sind drei wichtige Orientierungspunkte. Wenn auch Fragen nach der Feststellung eines ausreichenden Innovationsgrades oder der Finanzierungsart schwer festzusetzen sind, haben wir auch für uns eine an Definition gewagt, die anschlussfähig zu aktueller Forschung oder den Bemühungen des Social Entrepreneurship Netzwerkes Deutschland ist. Dazu gehört auch die Art der Führung und des Miteinanders, was sich wiederum sehr nach „Work“ anhört.
Wenig gemeinsame Treffer
Grund genug auch einmal in New Work hereinzuschauen und versuchen aufzuzeigen, was die Verbindung zu Social Entrepreneurship sein kann. Füge ich beide Begriffe in die Suchmaschine ein, erhalte ich erst einmal wenig Treffer. In seinem Forbes-Artikel „The Rise of the Social Enterprise. A New Paradigm for Business“ erwähnt der Autor Josh Bersin kurz: „It’s important to build companies that promote, develop, and challenge young people and companies that do this find themselves filled with new ideas, new work practices, and lots of excitement and growth.“ Selbst aus der Personalwirtschaft kommend, wird er wahrscheinlich New Work nicht einfach als Worthülse verwendet haben. Was sind nun diese erwähnten Praktiken?
Von wegen New
Der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann prägte schon in den 1970ern den Begriff. Also auch wenn das Thema Digitalisierung und alles mit der Ziffernfolge 4.0 noch in weiter Ferne schimmerte, beschäftigte ihn die Veränderungen der Arbeitswelt. Für ihn war Freiheit ein wichtiger Wert, nicht verstanden als eine Auswahl zwischen mehr oder weniger guten Optionen. Stattdessen sah er die Freiheit darin, wirklich das als Arbeitskraft zu machen, was er oder sie machen will.
Diese Gedankengänge werden heute immer lauter, je mehr die digitale Welt rund um Automatisierung und Vernetzung Einzug erhält und je intensiver die Generation Y nach dem „Warum“ fragt.
Was New Work ausmacht
Vorherrschende Werte bei New Work sind Selbstständigkeit, Freiheit und die Teilhabe an der Gemeinschaft. Die konkrete Umsetzung erfolgt durch die Einbindung der Mitarbeiter*innen in die Strategieentwicklung, eine demokratischere Führungskultur, mehr Agilität und Flexibilität als auch neue Bürokonzepte. Also viel zu tun in der Arbeitswelt!
Grundlegende Frage
Die Reise zu New Work beginnt jedoch mit einem wichtigen ersten Schritt und das ist zugleich auch die wichtigste Verbindung zu Social Entrepreneurship: Was wollen wir wirklich? Hier liegt zudem die Verbindung zur Nachhaltigkeit. Dies zeigte auch die Intrinsify-Veranstaltung „(Arbeits-) Welt morgen – Inspirationscamp Bremen“ im Kraftwerk city accelerator (Organisation: intrinsify Weser-Ems Koordinatorin Jana Meitzner): Nachhaltigkeit und Arbeit hört nicht bei der ewigen Effizienzsuche auf, sondern berührt auch den Geschäftskern von wirtschaftlich arbeitenden Organisationen.
Den Kern in Frage stellen
Unser Hilfswerft-Konstrukteur Nils durfte gleich am Programmanfang auf dem Podium Platz nehmen. Er erzählte die Geschichte, wie er zum Gründen eines Sozialunternehmens gekommen ist. Dabei wurde aus „Was will ich wirklich?“ ein „Was ist der Kern von sinnvoller Arbeit, hat sie einen gesellschaftlichen Mehrwert, der zur Zukunftsfähigkeit beiträgt?“. Diese Frage ist auch Antrieb für die verschiedenen Formate der Hilfswerft: Bei Social Entrepreneurship Camps sollen Studierende, bei Engagement-Wettbewerben die Zivilgesellschaft und bei unseren Postern die Betrachter*innen, Antworten dazu finden. Wer Feuer gefangen hat, der ist dann weiter eingeladen, gemeinsam vor Ort zu schauen, wie eine Unterstützungsstruktur für Soziale Innovationen aussehen könnte.
Startups mit Vorteilen
Bei guten Bedingungen entstehen dann Social Startups wie Cup2Date, dessen Co-Gründer Walter Steinhauer auch auf dem Podium saß. Am Anfang seiner Reise stand die Frage, wie man die Einweg-Becher reduzieren kann. Daraus ist ein Becherpfand-System entstanden, bei dessen ersten Prototypen-Auflage die Hilfswerft bei der Finanzierung half.
In Gründungsphasen mag die nachhaltige Mission und auch New Work Eigenschaften leichter in eine Organisation einzuweben zu sein. Das bestätigte auch Boris Thomas von Lattoflex, welcher in Zeiten der Digitalisierung und Ausdünnen von Matratzen-Fachgeschäften auch andere Kämpfe mit seinem Traditionsunternehmen ausfechten muss. Gerade die Krisen könnten jedoch auch den Weg für Neues im Sinne
von Social Intrapreneurship in größeren Unternehmen frei machen.
Kooperationen mit Mehrwert
Bei den anschließenden Open Spaces gab es dann reichlich Themen zur Auswahl. Hilfswerft-Mitarbeiter Fabian hat in seiner Session „Motivation durch Kooperation:
Neuer Sinn durch Gesellschaftsinnovationen„ aufgezeigt, dass viele gesellschaftliche Herausforderungen, welche die Teilnehmenden gerne angehen würden, eher durch soziale und nicht durch technologische Innovationen gelöst werde. Für diese bedarf es jedoch langfristig angelegte Kooperationen verschiedenster Akteure, wobei selbst Personen mithelfen können, die dafür nicht ihren Job aufgeben möchten.
Runder Tisch
Dann die richtigen Argumente zu finden, welche auch den/die Arbeitgeber*in überzeugen, hat auch viel mit Perspektivenwechsel für die Bedürfnisse anderer zu tun. Social Entrepreneure müssen wiederum versuchen, auch mit der Hilfe von Unterstützungsorganisatoren wie der Hilfswerft, die Akteure an einen Tisch zu bringen und zu einem spezifischen Thema eine gemeinsame Agenda zu fassen.
Uwe Lübbermann erzählt über das Premium Kollektiv
New Work als Soziale Innovation
Weitere Highlights wie der Vortrag von Uwe Lübbermann (Premium Cola) oder die Filme Augenhöhe und Tomorrow zeigten weitere Beispiele für die Verbindung von New Work und Social Entrepreneurship.
Schließlich bleibt als Fazit des Tages, dass auch New Work eine Soziale Innovation sein will, als eine langfristige Veränderung der Praxis des Arbeitens. Sie ist auf einem guten Weg, auch durch Organisationen wie Intrinsify. Social Enterprises können die wichtige Aufgabe übernehmen, einfach mal damit anzufangen und als Reallabor Vorbild für die großen Pionier-Unternehmen zu sein.